Radio feature from public broadcasters Deutschlandfunk online about automobiles in literature: Hermann Hesse, Bertolt Brecht, Stephen King etc. Above, a 1956 Chrysler New Yorker in the Françoise Sagan film adaptation 'Bonjour Tristesse' (1958)

‘Der Motor sprang an. Ich war verzweifelt. Sie durfte uns nicht verlassen. ‘Verzeihen Sie mir, Anne, ich flehe Sie an…’ Ich sah, wie das Auto hinter der Hausecke verschwand. Ich war verloren…’ – Zeilen aus ‘Bonjour Tristesse’ (1954) von Françoise Sagan. Die Szene kommt auch in der Verfilmung vor. Im Bild: Cécile (Jean Seberg) versucht, Anne (Deborah Kerr) zu stoppen. Das Auto, in dem Romanfigur Anne einen tödlichen Unfall hat, ist ein Chrysler New Yorker, Baujahr 1956. Nur eins von vielen Beispielen von Autos in der Literatur. Das unterhaltsame 55 Min. Feature vom Deutschlandfunk kann online gehört werden. Link folgt am Ende des Posts. Viele Autoren haben eine positive Verbindung zu Autos. Das Feature beginnt jedoch mit sehr pessimistischen Zeilen über das Automobil aus einem Hermann-Hesse-Roman, die ich gleich zitieren werde.

‘Die Inschrift ‘Auf zum fröhlichen Jagen! Hochjagd auf Automobile’ lockte mich an, ich öffnete die schmale Türe und trat ein. Da riss es mich in eine laute und aufgeregte Welt. Auf den Straßen jagten Automobile, zum Teil gepanzerte, und machten Jagd auf die Fußgänger, überfuhren sie zu Brei, drückten sie an den Mauern der Häuser zuschanden. Ich begriff es sofort: es war der Kampf zwischen Menschen und Maschinen, lang vorbereitet, lang erwartet lang gefürchtet, nun endlich zum Ausbruch gekommen.’ (Aus Hermann Hesses Roman ‘Der Steppenwolf’ vom Jahr 1927)

Man kann darüber streiten, ob der gute alte Hermann Hesse (1877-1962), Liebling der Hippie-Generation, fürchterlich altmodisch war – oder seiner Zeit voraus. ‘Der langvorbereitete Kampf zwischen Menschen und Maschinen’ klingt nach Science Fiction und Verschwörungstheorien. Wobei hinzugefügt werden muss, dass die obige Romanpassage eine psychedelisch angehauchte Traumszene an einem Ort namens ‘Das magische Theater’ ist. Weitere Autoren, die im Feature erwähnt und zitiert werden, sind u. a. Daphne du Maurier, Max Frisch, Vladimir Nabokov, Samuel Beckett, Roland Barthes, Edgar Reitz, F. Scott Fitzgerald, J. G. Ballard, Emmanuelle Fournier-Lorentz, Marcel Proust, Rudyard Kipling, Gertrude Stein, Marshall McLuhan…und Stephen King. Sein Horrorroman ‘Christine’ (1983) beginnt mit Liebe zum Auto – aber endet böse:

‘Arnie hatte sich in einen 1958er Plymouth Fury verliebt, in einen von diesen langen Schlitten mit Haifischflossen an den Kotflügeln.’ (Aus Stephen Kings Roman ‘Christine’ 1983)

Wenn ich mir den Wagen heute ansehe, hat er tatsächlich ein grimmiges Gesicht. Weitere Werke – mitunter Filme – die im Radiofeature erwähnt werden: Steven Spielbergs ‘Duell’ (1971) nach einer Kurzgeschichte von Richard Matheson, und Ridley Scotts Roadmovie ‘Thelma und Louise (1991) mit dem 1966er Ford Thunderbird etc. Oftmals Sachen, die relativ gut bekannt sind. Überrascht war ich hingegen, zu hören, dass Bertolt Brecht Autos liebte: Er hatte erst einen gebrauchten Austro-Daimler, dann einen kleinen Opel, und später einen österreichischen Wagen von der Marke Steyr. Brecht hatte einigen Firmen den Tauschhandel ‘Literatur gegen Auto’ vorgeschlagen. Ford und Dodge lehnten ab – Firma Steyr sagte zu. Und Brecht schrieb daraufhin ein Werbegedicht für Steyr, das Sie ebenfalls im folgenden Radiofeature hören können.

 

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DLF-Radiofeature online Die Deutschlandfunk-Sendung ‘In schneller Fahrt – Das literarische Leben der Automobile’ (2024) von Manuela Reichart. Ton: Christoph Richter. Regie: Giuseppe Maio. Redaktion: Jörg Plath. Sendung und Titel wurden mitunter von  Ilja Ehrenburgs Buch ‘Das Leben der Autos’ (1929) inspiriert

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